 |
Praxistest Radarwarner - Pfiffig oder Pfeifen? |
|
 |
Die Frage stellt sich jeder, der gerne mal etwas schneller als offiziell genehmigt
fährt und/oder eine nicht unerhebliche Punktesammlung in Flensburg aufgebaut hat: Können
Radarwarner vor einer Erweiterung des Punktekontos bzw. Schmälerung des Budgets durch
Bußgelder schützen?
Im Test: (für Bild bitte klicken)
Mit sechs Geräten von fünf Herstellern machten wir uns auf den Weg nach Würzburg, wo
uns durch das dortige Polizeipräsidium ein Radarwagen mit Besatzung und eine Gruppe
Beamter mit einem Lasermeßgerät auf einer geeigneten Straße im Stadtgebiet von
Würzburg zur Verfügung gestellt wurde. Mehr als ein halber Kilometer gerader
Stadtstraße war idealer Tummelplatz für den von uns geplanten Test. Nacheinander wurden
die Warner unter Strom gesetzt und an den Meßstellen vorbeigefahren, eine Serie für die
Erprobung der Fähigkeiten gegen Radarmessungen, eine für die Vorwarnzeit gegen
Laserpistolen.
Praktischerweise waren auf der Runde, die immer wieder durchfahren wurde, auch
potentielle Störstellen wie automatische Türen und EC-Automaten vorhanden.
Messung I - Radar
Als Prüfstein stand im Kofferraum eines zivilen Kombi das berühmt-berüchtigte
Multanova 6F, mit dem bei geschlossener Haube durch ein Kunststoffnummernschild und einen
dahinter liegenden Schacht gemessen und durch die Heckscheibe das zur Messung passende
Fahrerportrait und das Kennzeichenfoto geschossen wird,
Das Multanova sendet einen Radarstrahl mit einer bestimmten Frequenz im Winkel von 22'
zum Fahrbahnrand aus, der sehr scharf gebündelt ist. Alle Fahrzeuge, die durch den Sektor
fahren, reflektieren die Radarwellen, die von einem Empfänger aufgenommen und ausgewertet
werden. Die Auswertung nutzt den sogenannten Dopplereffekt, durch ein ankommendes Fahrzeug
reflektierte Schwingungen kommen mit einer höheren Frequenz als ausgesendet zurück,
abfahrend reflektierte mit einer niedrigeren Frequenz.
Aus diesen Frequenzverschiebungen bestimmt der Rechner die Geschwindigkeit und ob sich
ein Foto "lohnt".
Test I - Radar
Schlicht und ergreifend: Viel Geld bringt viel Wirkung. Die Geräte von Bel und das
Valentine One meldeten schon in 170 bis 200 m Entfernung, daß sich das Auto einer
Meßstelle nähert. Wirklich eindeutig als keine Störstelle wurde der Radarwagen etwa in
der halben Entfernung angezeigt. Die Geräte von Whistler, Cobra und Uniden zeigten
entweder in kaum ausreichender Entfernung oder gar nicht an, daß die Gefahr eines Fotos
besteht.
Messung II - Laser
Durch anfängliche Fehlmessungen ist die Geschwindigkeitskontrolle durch Laserpistolen
in Verruf gekommen. Inzwischen sind die Geräte allerdings so weit entwickelt, daß diese
Fehler nicht mehr auftreten können. Nach einer Kontrollmessung auf ein stehendes Objekt,
das als 0km/h-Referenz herangezogen wird, ist die Laserpistole geeicht und kann verwendet
werden. Da immer 2 Beamte hinter der Pistole stehen, sind auch Verwechslungen im Prinzip
ausgeschlossen. Bei jeder Messung - Meßeinheit wäre eine korrektere Bezeichnung -
schickt die Laserpistole 3 Meßimpulse aus, von denen aus zweien übereinstimmende Werte
errechnet werden müssen. Damit werden Verwackler und Zielungenauigkeiten eliminiert. Der
Rechner mißt die Zeit zwischen Aussenden und Empfang der Reflexion und bestimmt daraus
die Geschwindigkeit - eine Kontrolle des abfließenden Verkehrs ist so recht einfach
möglich, es wird einfach eine negative Geschwindigkeit angezeigt.
Ein "Verzielen" ist auch nicht möglich: Auf 350 Meter - die Entfernung wird
im Display der Pistole angezeigt - hat der Laserstrahl einen Durchmesser, der nur etwas
größer als ein PKW ist. Auch Motorradfahrer sind durch die Mehrfachmessung kein Problem
mehr, es muß nur halbwegs vernünftig gezielt werden.
Test II - Laser
Kurz und bündig: gegen Laser ist kein Kraut gewachsen. Cobra und Whistler reagierten
trotz mehrfacher Messung auf dem Weg zur Kontrollstelle überhaupt nicht auf den Strahl.
Alle anderen Geräte meldeten lautstark bei der ersten Messung in 400 Meter Entfernung,
daß ihre Sensoren von der Laserpistole aktiviert wurden. Allerdings hatte dies keinen
Nutzen, die Messung war gültig, der Funkspruch an die Beamten an der Anhaltestelle wäre
abgesetzt gewesen. Einzige Hilfe gegen den Zugriff wäre flinkes Abbiegen gewesen, was vor
Ort oft nicht möglich ist. Auch die Versprechungen, daß die Warngeräte schon auf die
Messung eines Vorderwagens reagieren, konnten alle Warngeräte nicht erfüllen, der
Meßstrahl ist zu scharf gebündelt.
Nervosität
Alle sechs Radarwarner veranstalten an Störstellen wie automatisch öffnenden Türen
und EC-Automaten in mehr oder weniger großer Entfernung unterschiedlich hektische
Pfeifkonzerte. Auch hier gilt: je teurer und empfindlicher der Warner desto hektischer das
Pfeifen. Zwar wird das
etwas andere Frequenzband angezeigt und bei manchen Geräten wie dem Valentine auch eine
andere Melodie gepfiffen, nichtsdestotrotz nerven die Geräte nach einer gewissen Zeit,
weil sie beispielsweise auf der Autobahn unter Brücken montierte Verkehrsdichtenaufnehmer
für die neuen Verkehrsdienste zuverlässig erkennen und lautstark melden. Wenn sich dort
eine Meßstelle postiert...
Im Stadverkehr wird man bald genervt abschalten, da die Geräte sich durch die Bank
dauernd melden. In den City-Modes wird zwar das Gepiepe weniger, aber auch die
Empfindlichkeit sinkt - bei den weniger hochwertigen Geräten unter die gegen eine Messung
hilfreiche Schwelle.
Reaktionschancen
In der Tabelle finden Sie, wieviel Zeit Ihnen
maximal bleibt, um bei in Deutschland typischen Geschwindigkeiten auf das erste Warnsignal
zu reagieren - allerdings gilt dies nicht bei Laserwarnungen. Beim Laser ist die Gleichung
Laserwarnsignal = Knöllchengarantie gültig! Auch die von den Herstellern versprochene
Reaktion auf die Lasermessung vorausfahrender Autos ist wegen der engen Bündelung des
Lichtstrahls pure Utopie, wie wir in unseren Versuchen erfahren haben. Außerdem sind die
von uns ermittelten Vorwarnentfernungen Idealfälle. Man weiß in der empfindlichsten
Einstellung nie, ob das erste kurze Aufflackern des Radarwarners nicht gerade eine
Störung ist. Die eindeutige Erkennung einer Radarmeßstelle ist im günstigsten Fall erst
in der zweiten Hälfte des Warnweges möglich, was die Zeit zum Reagieren noch einmal
drastisch verkürzt und der Bremsweg muß auch noch einkalkuliert werden... Wenn Sie sich
die Tabelle genau nsehen, werden Sie erkennen, daß in der Regel nur noch der hektische
beherzte Tritt auf die Bremse rettet, der Sie bei einem eventuell folgenden Auffahrunfall
mit 100 % Schuld belastet. Auch wenn der Auffahrende vielleicht zu nah dran war:
unvorhersehbares unbegründetes Bremsen des Vorderwagens als Unfallursache enthebt ihn
nach gültiger Rechtsprechung von seiner Verantwortung. Scharfes Bremsen wegen einer
Radarmeßstelle gilt als nicht begründbar und daher als Verkehrsgefährdung!
Fazit
Die teuersten Geräte sind auch die besten, obwohl ihr Schutz auch wegen ihrer
Empfindlichkeit gegenüber Störeinflüssen oft nur Placebo-Charakter hat und gegen
Lasermessungen in Deutschland rein gar nichts hilft. Die billigen Geräte hingegen gaukeln
auf jeden Fall eine Scheinsicherheit vor - wer das Geld zum Auffinden von EC-Automaten und
automatisch öffnenden Türen ausgeben möchte ...
Die einzig wahre Hilfe gegen Knöllchen ist also: Fuß vom Gas!
Ausstattung und Ergebnisse im Detail
 |
 |
 |
INFOBOX |
|
 |
|
 |
Autor:
Dirk Stachowski / Frank Rößler |
 |
Quelle:
Michael E. Brieden Verlag GmbH CAR&HIFI 5/99 |
 |
Bildquelle:
Michael E. Brieden Verlag GmbH CAR&HIFI 5/99 |
 |
Erstellt:
|
|
|
|