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Vorrausetzung für die Anordnung eines Fahrverbots |
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Voraussetzungen der Anordnung eines Fahrverbots bei einer auf Fahrlässigkeit
beruhenden erheblichen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit. Der
für Verkehrsstrafsachen und -Ordnungswidrigkeiten zuständige 4. Strafsenat
des Bundesgerichtshofes hatte auf Vorlage durch das Oberlandesgericht Naumburg
über die Voraussetzungen der Anordnung eines Fahrverbotes bei fahrlässiger
Geschwindigkeitsüberschreitung zu entscheiden. Das Oberlandesgericht Naumburg
war der Ansicht, bei einer Überschreitung der innerorts zulässigen
Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h aufgrund der Bußgeldkatalog-Verordnung
auch dann ein Fahrverbot zu verhängen, wenn es sich hierbei um ein - auf
mangelnder Sorgfalt beruhendes - einmaliges Übersehen eines Verkehrszeichen
gehandelt habe. Demgegenüber war das Oberlandesgericht Jena der Auffassung,
hierin sei noch kein besonders verantwortungsloses Verhalten zu sehen und deshalb
die Verhängung eines Fahrverbotes abzulehnen. Der Bundesgerichtshof hat
erklärt, daß auch in den Regelfällen der Bußgeldkatalog-Verordnung
die Verhängung eines Fahrverbotes gemäß § 25 Abs. 1 Satz
1 StVG eine grobe Pflichtverletzung voraussetzt. Eine solche kann einem Fahrzeugführer
aber nur vorgehalten werden, wenn sie wegen ihrer Gefährlichkeit objektiv
schwerwiegende Zuwiderhandlung subjektiv auf groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit
oder Gleichgültigkeit zurückgeht. Ein Fahrverbot wegen grober Pflichtverletzung
darf dagegen auch im Fall einer objektiv schwerwiegenden Straßenverkehrsordnungswidrigkeit
nicht angeordnet werden, wenn dem Fahrer nur leichte Fahrlässigkeit zur
Last fällt. Zwar spricht die Erfüllung eines Regelbeispiels der Bußgeldkatalogverordnung
grundsätzlich in erheblichem Maße für das Vorliegen einer groben
Pflichtverletzung: So deuten in den Fällen, in denen nach der Bußgeldkatalog-Verordnung
ein Fahrverbot in Betracht zu ziehen ist, etwa das Unterschreiten des gebotenen
Mindestabstandes, die Überschreitung der inner- und außerorts geltenden
absoluten Höchstgeschwindigkeiten, ferner auch das Wenden, Rückfahrtsfahren
sowie das Fahren entgegen der Fahrtrichtung auf Autobahnen nahezu zwingend auf
eine auch subjektiv grobe Pflichtverletzung hin. Bei einer Beschränkung
der Geschwindigkeit durch Vorschriftszeichen darf aber nicht ohne weiteres von
der Erfüllung des Regelbeispiels auf eine grobe Pflichtverletzung geschlossen
werden. In diesem Fall kann dem Kraftfahrzeugführer das für ein Fahrverbot
erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn der
Grund für die von ihm begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung
darin liegt, daß er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen
nicht wahrgenommen hat, es sei denn, daß gerade diese Fehlleistung ihrerseits
auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht. Allerdings
dürfen die Bußgeldstellen und Gerichte bei der Entscheidung über
die Verhängung eines Fahrverbots davon ausgehen, daß (ordnungsgemäß
aufgestellte) Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern in aller Regel wahrgenommen
werden. Sie brauchen, solange kein erkennbarer Anlaß besteht, auch keine
Ermittlungen mit dem Ziel anzustellen, die abstrakte Möglichkeit eines
Augenblicksversagens auszuschließen. Beruft sich der Kraftfahrer darauf,
daß er ein Geschwindigkeitszeichen schlicht übersehen habe, und kann
ihm dies nicht widerlegt werden, so scheidet die Verhängung eines Fahrverbots
gleichwohl nicht notwendig aus. Ist etwa das gleiche Zeichen im Verlaufe der
vor der Meßstelle befahrenen Strecke mehrfach wiederholt worden oder geht
der Meßstelle ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter voraus, so hat
der betroffene Verkehrsteilnehmer die gebotene Aufmerksamkeit schon dadurch
in grob pflichtwidriger Weise außer Acht gelassen, daß er das Verkehrszeichen
übersehen hat. Dasselbe gilt in Fällen, in denen sich die Anordnung
einer Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund der ohne weiteres erkennbaren
Situation jedermann aufdrängt, beispielsweise im Baustellenbereich einer
Bundesautobahn oder innerorts aufgrund der Art der Bebauung.
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INFOBOX |
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Autor:
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Quelle:
Pressestelle des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe |
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Bildquelle:
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Erstellt:
11. September 1997 |
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