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BRD 1991 |
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GESCHWINDIGKEITSKONTROLLE
Schnell-Schuß
Bayerns Polizei geht mit gezückter Radarpistole auf die Jagd nach Temposündern.
Für Amerikaner ist sie ein alter Hut, deutsche Autofahrer werden sich daran gewöhnen müssen: Die bayerische Polizei experimentiert mit einer Radarpistole, die ein Polizist unvermittelt auf ein Auto richten kann, um die Geschwindigkeit zu kontrollieren.
Das Gerät, so handlich wie ein Fön, sieht der bayerische Innenminister Edmund Stoiber (CSU) als eine Waffe gegen steigende Unfallzahlen und Raser. Stoiber möchte mit Speedcontrol, das aus den USA stammt, vor allem die sogenannten Disco-Unfälle verhindern, denen jugendliche Autofahrer nachts auf einsamer Landstraße zum Opfer fallen.
Die einsame Landstraße ist auch eines der wenigen Anwendungsgebiete, in denen die Pistole eingesetzt werden kann. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die für die Zulassung zuständig ist, hat der Polizei nämlich Auflagen gemacht. So darf die Geschwindigkeit nur dann gemessen werden, wenn das angepeilte Fahrzeug das einzige auf der Strecke ist. Das Gerät kann andernfalls die ermittelte Geschwindigkeit nicht eindeutig zuordnen. Außerdem muß der Polizist den Temposünder im Null-Grad-Winkel anvisieren, also genau von vorne oder von hinten. Tut er das nicht, kommt es zu Fehlmessungen - zugunsten des Autofahrers.
Bei Geschwindigkeitskontrollen mit der Radarpistole sind Autofahrer und auch Gerichte allein auf die Aussagen der Polizeibeamten angewiesen-ein Beweisfoto wird nicht angefertigt. Ob ein Polizistenblick auf der ständig hin und her springenden Digitalanzeige der Pistole als Beweismittel anerkannt wird, ist noch ungewiß. Das bayerische Innenministerium überläßt es betroffenen Bürgern, Gerichtsverfahren anzustrengen.
In nächster Zukunft ist nicht zu erwarten, daß Autofahrer außerhalb Bayerns - dort läuft der Modellversuch in Mittelfranken und Oberbayern - mit der Radarpistole aufs Korn genommen werden. In Hessen etwa wird das Gerät nur zu statistischen Zwecken genutzt. In den fünf neuen Bundesländern wäre Speedcontrol wegen seines geringen Preises interessant. Während für herkömmliche Radar- oder Lichtschrankenanlagen etwa 80.000 Mark fällig sind, kostet eine Radarpistole nur 12.000 Mark. Polizeirat Peter Nätzold aus Halle ist trotzdem mäßig interessiert: „Wir warten erstmal ab, was die Bayern für Erfahrungen machen."
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INFOBOX |
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Autor:
dhm |
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Quelle:
Straßenverkehr vom 18. Jan. 1991 |
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Bildquelle:
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Erstellt:
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