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DDR - 1982 |
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Eine Stunde unterwegs mit den "Weißen Mäusen" - Oder warum Hektik ein schlechter Begleiter ist
Bild: Geschwindigkeitskontrolle im Berliner Süden. Obermeister Klaus Radios überprüft die Papiere.
Bisweilen scheint es, manche Kraftfahrer führen einen regelrechten Kampf um Meter und Sekunden. Unfair zwar und mit einem zusätzlichen Tritt aufs Gaspedal, aber sie rasen, bis sie in eine Geschwindigkeitskontrolle der Verkehrspolizei geraten. Meistens kommt dann das böse Erwachen, wie wir bei einem Einsatz in Köpenick mit Obermeister Klaus Radies und seinem Kollektiv von der 1. Berliner Verkehrsbereitschaft erleben konnten.
Innerhalb einer einzigen Stunde waren hier 28 Auto- und Motorradfahrer gestoppt worden, die auf einem Streckenabschnitt, auf dem 50 Stundenkilometer zugelassen waren, mit mehr als 60 Sachen angefahren kamen.
Erschreckend für uns, daß nahezu die Hälfte von ihnen erst kurz zuvor von der Volkspolizei zur Verantwortung gezogen worden waren. Da ist es schon interessant, welche Ausflüchte ins Feld geführt werden. um die erhöhte Geschwindigkeit zu rechtfertigen. Ich muß zu einer Beratung, die eigentlich schon begonnen
hat oder ,Wir kommen aus dem Krankenhaus, wo wir keine gute Nachricht erhielten. Das hat mich verwirrt'. Mehrere Fahrer gaben an, daß sie die Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen hatten. Unaufmerksamkeit also.
Bild: Nicht wenige Fahrer waren auf der Straße zu schnell und mußten eine Zwangspause
einlegen.
Ein Lkw mit zwei Hängern vom VEB Kohlehandel verlor Briketts. Darauf aufmerksam gemacht, stellt sich zudem heraus, daß die Bremsen
des Hänger nicht funktionieren. Begründung: Das ist eigentlich nicht mein
Fahrzeug. Eine Haltung beziehungsweise Begründung, die überhaupt nicht zu akzeptieren ist. Obermeister Radios fragte den Lkw-Fahrer, ob er wisse, wieviel Unfälle täglich passieren? Und ob man als Berufskraftfahrer nicht in erster Linie die Pflicht hat, zu hoher Sicherheit auf unseren Straßen beizutragen. Wir beobachten Nachdenklichkeit im Gesicht des Kohlenhändlers. Begeisterung wegen der Stempei und des Ordnungsgeldes hatten wir ohnehin bei keinem der 28 Motorisierten erwartet. Alle aber
mußten die bittere Erfahrung machen, daß Hektik auf dem Asphalt ein schlechter Weggefährte ist.
Bärbel Steger, Lothar Korth und Karl-Heinz Meye, die zum Kollektiv von Klaus Radios gehören, erleben das fast täglich. Dabei bringt zu schnelles Fahren meistens überhaupt keinen Zeitgewinn, so meinen die Genossen von den ,Weißen Mäusen". Jeder hat nämlich schon erlebt, daß man den Lückenspringern oder den besonders Eiligen an der nächsten Ampel wiederbegegnet. Nur häufig bringen jene Fahrer andere in Gefahr", sagte Bärbel Steger. Und dabei verweist sie darauf, daß überhöhte Geschwindigkeit auch auf Berlins Straßen zu den Hauptunfallursachen zählt.
Uns interessierte natürlich, was ein Fahrer denkt, der auf diese Art und Weise durch die Verkehrspolizei verwarnt wird, also gewissermaßen die gelbe Karte erhält. Die meisten versicherten, künftig aufmerksamer und disziplinierter zu fahren, und nur wenige lehnten ein Wort mit dem Reporter ab. Ein gutes Zeichen also, denn von jedem Kraftfahrzeugführer erwartet man nämlich, daß er die Verkehrsbestimmungen einhält und aktiv zu einem
störungsfreien und sicheren Straßenverkehrsablauf beiträgt'. So jedenfalls steht es im
Verkehrssicherheitsprogramm der DDR.
Wenn also immer mehr Besitzer eines fahrbahren Untersatzes jene Grundsätze zu ihrem
Leit oder besser noch Fahrprinzip machen, wäre das der schönste Lohn für Klaus Radies und seine Truppe sowie der vielen anderen Genossen, die
täglich zu unser aller Wohl auf unseren Straßen unterwegs sind.
Geschwindigkeitskontrolle im Berliner Süden. Obemeister Klaus Radios überprüft die Papiere.
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INFOBOX |
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Autor:
Jochen Fischer |
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Quelle:
Deutscher Straßenverkehr 8/1982 |
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Bildquelle:
Fischer |
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Erstellt:
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