"ja, ja, ich weiß, ich war zu schnell. Viel zu schnell", sagt die attraktive Wartburgfahrerin als sie
aussteigt. Sie ist gewiß keine notoris c he Raserin. Aber diesmal ...
"Da war so ein Ladafahrer. Der hat uns so herablassend angesehen, na u nd da wollte ich ihm eben bewe is en, dass ich auch fahren
kann." So donnerte sie mit dem Fahrzeug und ihrer Schwester durch den Radarstrahl. 81 km/h wurden angezeigt. Doch das war an diesem freundlich kalten Novembertag noch nicht der Geschwindigkeitsrekord.
Wer am Abzweig Berlin-Pankow den Berliner Ring verläßt, kommt zwangsläufig auf die Prenzlauer Promenade, die mit ihrer Verlängerung, der Prenzlauer Allee, unmittelbar in das
hauptstädtische Zentrum führt. Nach dem Auto bahnende sind 60 km/h zugelassen. Mehrere hundert Meter nach dieser angezeigten zulässigen Höchstgeschwindigkeit steht der Radarwagen. Ein kleines Stückchen weiter befindet sich eine Verkehrssignalanlage. Die Fahrbahn ist trocken, und die Sichtbedingungen sind an diesem Donnerstagvormittag gut. Soweit zu den konkreten
Gegebenheiten.
Wir nahmen an dieser Geschwindigkeitskontrolle teil, um zu erfahren, warum zu schnell gefahren wird. Innerhalb der drei Kontrollstunden mußten 52 Kraftfahrer gestoppt werden. Nahezu alle waren sich ihres Fehlverhaltens bewußt. Und wir hatten manchmal den Eindruck, daß die Erwischten der
Meinung waren: Nun ja, die paar km/h mehr - was mache das schon?
Doch es gab auch andere Reaktionen. Ihr lauert einem ja bloß auf, mault ein Trabantfahrer die Genossen der Verkehrspolizei voll. Er hatte bereits schon zwei Stempeleintragungen wegen Geschwindigkeitsübertretungen im Berechtigungsschein. War ihm das noch nicht Lehre genug? Wenn er trotzdem 14 km/h schneller als zugelassen fährt, dann muß er auch die nächste Konsequenz in Kauf nehmen.
"Es war gerade Grün an der Ampel", begründet der Fahrer eines
Trabant seine 79 km/h auf dieser 60er Strecke. Auf die Frage, was er gemacht hätte, wenn Gelb gekommen wäre, meint er zurückhaltend: Wahrscheinlich wäre ich durchgefahren.»
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Ein anderer Trabantfahrer, der mit 12 km/h zu viel angehalten werden mußte, diskutiert erst noch ein bißchen, warum stadtauswärts 70 km/h und stadteinwärts nur 60 km/h auf dieser Straße zugelassen wären. Er will die einleuchtenden Begründungen dafür nicht recht einsehen. Schließlich sagt er zu dem kontrollierenden Verkehrspolizisten, der gegen ihn für das Tempo Stempeleintragungen und Verwarnungen mit Ordnungsgeld ausgesprochen hatte: Geht es nicht ohne? Es ist doch das erste Mal. Ich bin Leiter eines Verkehrssicherheitsaktivs.
"Ich bin eigentlich derjenige, der bei uns im Betrieb immer darauf achtet, daß alles läuft. Es soll ja eine Ausnahme
bleiben." Ein loblicher Vorsatz. Denn gerade vom Leiter eines Verkehrssicherheitsaktivs erwartet jeder vorbildliches Verhalten in der Praxis und nicht nur in der Schulung.
27 km/h schneller als erlaubt war eine MZ-Besatzung. Das junge Pärchen macht erst einmal eine
Zigarettenpause. Eilig hatten Sie es eigentlich gar nicht. "Ich hatte auf der Autobahn 'nen Trabi vor mir. Der ist immer in der linken Spur gefahren, so daß ich nicht vorbei kam. Und das mit 90. Na, und dann war ich froh, hier in der Stadt rechts an ihm vorbei zu können", sagt der kühne
Zweiradpilot. Dieser angestaute und dann losgelassene Ärger trugen ihm Stempeleintragungen und eine Verwarnung mit Ordnungsgeld ein.
Ein Haltzeichen gab es unter enderem auch für einen Wartburg, der 74 km/h fuhr.
"Das habe ich gar nicht bemerkt. Ich bin hinter einem hergefahren und habe immer die gleiche Geschwindigkeit gehalten. So habe ich gar nicht ge merkt, daß ich zu schnell
war". Ähnlich erging es auch einer Wartburgfahrerin, die mit 71 km/h
herausgefischt" wurde.
Als ich den Fahrer eines Trabant frage, warum er 13 km/h zu schnell war, geht er wortlos weg und steigt in sein Fahrzeug. Auch eine Begründung.
Unangemessene Geschwindigkeit gehört zu den Hauptunfallursachen. Seit Jahren. Vor allem im Winter. Allein im vergangenen Winterhalbjahr wurden infolge nicht angepaßter Geschwindigkeit fast ein Drittel aller Unfälle verursacht.
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