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Rotlicht-(Ampel-)Überwachung |
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Zur
stationären Rotlichtüberwachung benötigt man zumindest eine Induktionsschleife, die in
die Fahrbahn verlegt ist; meist liegt diese zwischen Haltelinie und Lichtsignalmasten;
moderne Rotlicht-Überwachungsanlagen haben nicht selten nicht nur eine, sondern zwei
Induktionsschleifen.
Überfährt ein Fahrzeug nach einer bestimmten zuvor eingestellten und von Behörde zu
Behörde unterschiedlichen Zeit nach Rotbeginn die erste Induktionsschleife, wird ein
erstes Foto ausgelöst. Um zu gewährleisten, daß das Fahrzeug beim Versuch anzuhalten
nicht nur versehentlich etwas zu weit über die Haltelinie bis in den Bereich der
Induktionsschleife gekommen, sondern tatsächlich in die Kreuzung eingefahren war, wird
- entweder nach einer festen Zeitspanne
- oder nach einer festen Wegstrecke ein zweites Foto ausgelöst (in diesem Fall ist
innerhalb der Kreuzung eine zweite Induktionsschleife verlegt).
In beiden Fotoaufnahmen sind die jeweiligen Zeiten nach Rotbeginn (oder nach
Gelbbeginn) eingeblendet; anhand der Wegstrecke, die ein Fahrzeug zwischen den beiden
Aufnahmen zurückgelegt hat, sowie anhand der hierfür benötigten Zeit läßt sich die
mittlere Geschwindigkeit des Fahrzeuges zwischen den beiden Aufnahmen berechnen; ergibt
sich zwischen den beiden Aufnahmen eine relativ geringe mittlere Geschwindigkeit des
Fahrzeuges, muß dies nicht unbedingt heißen, daß der Betroffene mit dieser geringen
Geschwindigkeit tatsächlich die Kreuzung überquert hat; es könnte auch sein, daß er
aus höherer Geschwindigkeit noch vor der Ampel anhalten wollte, dies ihm jedoch wegen
einer verspätet eingeleiteten Bremsung nicht mehr vollständig gelang und er erst etwa
innerhalb der Kreuzung, kurz nach der Position, in der er sich auf der zweiten Aufnahme
befand, zum Stehen kam.
Hinsichtlich der in dem ersten Registrierfoto eingeblendeten Rotlicht- bzw. Gelblicht +
Rotlichtzeit gilt es unabhängig von den noch zu diskutierenden technischen
Toleranzen des Gerätes zunächst folgende rechtliche Problematik abzuklären:
Wann beginnt ein Rotlichtverstoß?
- bereits beim Überfahren der Haltelinie mit der Vorderfront des Fahrzeuges?
- erst in dem Augenblick, in dem der Fahrer von seiner Sitzposition aus die Ampel gerade
nicht mehr sehen kann?
- oder sogar erst beim Passieren des Lichtsignalmastens mit der Vorderfront des
Fahrzeuges?
Falls der Rotlichtverstoß rechtlich gesehen erst in dem Augenblick beginnt, wenn man
mit der Vor-derfront des Fahrzeuges den Lichtsignalmasten passiert, fällt die auf der
ersten Aufnahme eingeblendete und dem Bußgeldbescheid zugrunde gelegte Rotlicht- bzw.
Gelblicht- + Rotlichtzeit zugunsten des Betroffenen aus, wenn er zum Zeitpunkt der ersten
Aufnahme mit der Front seines Fahrzeuges den Lichtsignalmasten noch nicht erreicht hat.
Beginnt der Rotlichtverstoß dagegen bereits mit dem Überfahren der Haltelinie mit der
Vorderfront des Fahrzeuges und liegt wie im Regelfall die erste
Induktionsschleife erst nach der Haltelinie, wird die erste Aufnahme zu einem Zeitpunkt
ausgelöst, zu dem der Betroffene die Haltelinie mit der Vorderfront seines Fahrzeuges
bereits passiert hat. Im Normalfall löst eine Induktionsschleife in dem Augenblick aus,
wenn sich die Vorderfront des Fahrzeuges etwa in der Mitte der Schleife befindet (in
Ausnahmefällen kann die Induktionsschleife auch erst durch den Heckbereich eines
Fahrzeuges ausgelöst werden). In diesen Fällen gilt es die Zeit zu berechnen, die ab dem
Überfahren der Haltelinie mit der Fahrzeugvorderfront bis zum Auslösen der ersten
Schleife verstrich; diese Zeitspanne, die im Normalfall in einer Größenordnung von 0,1
sec., in Ausnahmefällen jedoch bis zu 0,5 sec. betragen kann, ist von der im ersten
Rotlichtfoto (wenn man den Rotlichtverstoß bereits mit dem Überfahren der Haltelinie mit
der Fahrzeugvorderfront beginnen läßt). Zur Berechnung der eben diskutierten
Toleranzzeit muß zum einen die Strecke bekannt sein, die das Fahrzeug ab dem Überfahren
der Haltelinie mit der Vorderfront bis zum Auslösen der ersten Aufnahme zurücklegte, zum
anderen die mittlere Geschwindigkeit des Fahrzeuges in dieser Phase.
Zu den mehr technischen Toleranzen von Rotlichtüberwachungsanlagen ist festzustellen:
Die auf den Lichtbildern eingeblendete Rotlicht- bzw. Gelblicht- + Rotlichtzeit hat
jeweils eine kleinste Skaleneinheit (0,01 sec. oder 0,1 sec.); die kleinste Skaleneinheit
einer Uhr ist immer auch ihre Zeitunsicherheit.
Die auf der ersten Aufnahme eingeblendete Rotlicht- bzw. Gelblicht- + Rotlichtzeit beginnt
mit dem "elektrischen" Rot bzw. "elektrischen" Gelb zu laufen, d. h.
sofort mit dem Zeitpunkt, zu dem die Glühwendel der Rotlichtbirne bzw. der Gelblichtbirne
unter Strom/Spannung kommt. Bis sich die Glühwendel jedoch so stark erhitzt hat, daß das
menschliche Auge das Rotlicht oder das Gelblicht als solches überhaupt erkennen kann,
verstreichen ab dem "elektrischen" Beginn bei einer 220 Volt-Anlage etwa 0,1
sec. (bei Niederspannungsanlagen kann diese Zeitdauer sogar größer sein).
Um die genannte Zeitspanne bemerkt das menschliche Auge mithin den Farbwechsel an der
Ampel später als die anlaufende Uhr, die letztlich die vorwerfbare Rotlicht- bzw.
Gelblicht- + Rotlichtzeit dokumentiert. Zwischen Ansprechen der Induktionsschleife und
Auslösen der ersten Aufnahme liegt eine sogenannte Auslösezeit von etwa 0,01 sec. bis
0,02 sec.; erst ab diesem Zeitpunkt wird die laufende Rotlicht- bzw. Gelblicht- +
Rotlichtzeit "eingefroren", um dann während der Einblendzeit auf das erste Foto
übertragen zu werden.
Die bislang beschriebenen Fehler sind systematischer Natur und sind damit in
allen Fällen zu berücksichtigen; in Ausnahmefällen kann es auch
zu Fehleinblendungen von Rotlicht- bzw. Gelblicht + Rotlichtzeiten kommen; als
Hinweis in diese Richtung: am 25.10.93 stellte die Firma Traffipax bei ihrer
Rotlichtüberwachungsanlage Traffiphot III fest,
daß bestimmte Zählerbausteine zu fehlerhaften Gelb- und Rotlichtzeiten
führen konnten (seit Anfang 1994 bestehen keine Bedenken gegen Meßergebnisse
geeichter Traffiphot III-Rotlichtüberwachungsanlagen
als Grundlage zur Zeitberechnung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes
- OVG Lüneburg, Az. 12 L 2664/96).
Die Rotlichtüberwachung kann auch mit Hilfe eines ProViDa-Gerätes (Videoaufzeichnungen mit eingeblendeter Uhrzeit aus
einem günstig positionierten Polizeifahrzeug heraus) erfolgen; anhand der
Videoaufzeichnung läßt sich der Rotlichtbeginn der Ampel rekonstruieren und mit Hilfe
der auf dem Videoband eingeblendeten Uhr zeitlich fixieren; es wird dann die Zeit
ermittelt, zu der ein Betroffener mit seinem Fahrzeug die Ampelanlage (bei Rot) passiert;
aus der Differenz der beiden Zeiten ergibt sich die Rotlichtzeit des Betroffenen; bei
diesem Verfahren sind die Zeitfehler des ProViDa-Überwachungsgerätes zu
berücksichtigen; generelle Fehlerangaben sind nicht möglich; es ist der Einzelfall
auszuwerten (wobei unter anderem die Bildqualität und/oder die Aufnahmequalität eine
wesentliche Rolle spielen können).
Die nachfolgende Textstelle stammt aus dem Buch "Fehlerquellen bei
Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen" von Wolfgang Eberhardt und Wolf-Dieter Beck.
Solange die auf den Lichtbildern der Rotlichtkamera miteingeblendete Uhrzeit
mit dem Phasenwechsel von Grün auf Gelb zu laufen beginnt und die Rotlichtkamera
erst nach einer vorgegebenen Zeitspanne nach Gelbbeginn scharf wird, ist es
unerheblich, ob im konkreten Einzelfall die Gelbphase kürzer oder länger
als die Sollzeit von drei Sekunden war. Beträgt die Sollzeit der Gelbphase
beispielsweise 3,0 Sekunden und wird die Rotlichtkamera erst 3,8 Sekunden nach
Gelbbeginn bzw. 0,8 Sekunden nach Rotbeginn scharf, so war ein Verkehrsteilnehmer,
der von der Rotlichtkamera erfaßt wird, bei Gelbbeginn unabhängig
von der Dauer der Gelbphase mindestens noch 3,8 Sekunden von der Ampel
entfernt; diese Entfernung hätte für ein gefahrloses Anhalten vor
der Ampel unter normalen Bedingungen ausgereicht. Eine mögliche Abweichung
der Gelbphase vom Sollwert nach unten hin wirkt sich nur bei solchen Rotlichtüberwachungsanlagen
zuungunsten eines Verkehrsteilnehmers aus, wenn die auf dem Lichtbild der Rotlichtkamera
eingeblendete Zeit erst mit Rotbeginn und nicht bereits mit Gelbbeginn zu laufen
beginnt. In früheren Jahren wurden meist Geräte entsprechend älterer
Bauart mit hohen Toleranzen eingesetzt, welche, wie bereits angegeben, die Zeitzählung
bereits bei Gelbstart begonnen hatten, wogegen sich in letzter Zeit moderne
Front-Foto-Überwachungssysteme durchgesetzt haben. Hierbei kommen im wesentlichen
die Systeme TRAFFIPAX TPH II und TPH III-U zur Anwendung.
Bei beiden Systemen wird einheitlich, nach Vorlage des Rotlichtsignales und
Erregung der Detektorschleife, ein Foto mit Blitz ausgelöst, wobei nach
einer definierten weiteren Zeitspanne (meist 1,0 Sekunden) ein weiteres Foto
zur Rekonstruktion des Bewegungsvorganges des überwachten Fahrzeuges gefertigt
wird. Die im Gerät eingebaute elektronische Stoppuhr beginnt die Zeitzählung
bei Vorliegen des Rotsignales entsprechend der Ansteuerung der Signalanlagen
durch das Steuergerät. In der Überwachungsanlage kann dann eine Einschaltverzögerung
zwischen 0 und 5 Sekunden (bzw. 0 und 9,9 Sekunden) eingestellt werden, wobei
nach Verstreichen dieser Zeitspanne die Auslösung des Lichtbildes möglich
wird. Innerhalb dieser Zeitspanne (innerörtlich
meist in Bereichen zwischen 0,5 und 0,7 Sekunden eingestellt) liegt nach
Rotstart zwar möglicherweise ein Rotlichtverstoß vor, jedoch wird
kein Überwachungsfoto ausgelöst.
Die Auslösung des Fotos erfolgt, wie bereits dargelegt, durch Erregung der
Detektorschleife, welche in der Fahrbahn vor dem Haltebalken an der Signalanlage verlegt
ist. Hierbei kann sowohl die Empfindlichkeit als auch das Ansprechverhalten des Detektors
(Einfahren oder Verlassen der Schleife) eingestellt werden. Um auf dem Überwachungsfoto
auch das vorliegende Rotlicht beweiskräftig zu untermauern, ist meist in Richtung der
Kamera eine Kontrolleuchte am Signalmast montiert, welche parallel zur Rotleuchte der
entsprechenden Fahrtrichtung aufleuchtet. Aus dem Wegstreckenunterschied zwischen den
Fotopositionen des Fahrzeuges (es werden mindestens zwei Lichtbilder ausgelöst) läßt
sich der Fahrtverlauf sowie die mittlere Fahrgeschwindigkeit des PKW rekonstruieren und
somit der Rotlichtverstoß überprüfen. Bei der beschriebenen Überwachungsmethode sind
folgende Fehlermöglichkeiten bisher aufgetreten bzw. denkbar:
Rotstart
Die Anzeige der Rotstartzeit kann um einen Betrag Dt zu lang gemessen werden. Hierbei ist
zum einen die Auflösung der Zeitanzeige in 1/10 Sekunden und auch die Zeitspanne vom
Schleifen-Detektor-Impuls bis zum Signal am X-Kontakt (TPH II) zu berücksichtigen.
Weiterhin ist auch die Fahrtzeit von der Haltelinie (Verstoßzeitpunkt) bis zur Mitte der
Induktionsschleife in der Distanz D hinter der Haltelinie relevant. Entsprechend ergibt
sich eine Näherungsgleichung von
delta t = 0,2 s + (0,1 x D)s
(bei einer mittleren Geschwindigkeit von ca. 10 m/s)
Bei einem Abstand der Schleifenmitte (D) von ca. 3,5 m ergibt sich hieraus eine
Fehlertoleranz von
delta = 0,55 s.
Wird diese Problematik berücksichtigt, sind Verzögerungszeiten vom Rotstart ab etwa 0,5
s sinnvoll.
Die Zeitmessung des im Gerät eingebauten Oszillators ist meist sehr genau und wird durch
die Überprüfung des zuständigen Eichamtes bestätigt. Beim Start der Stoppuhr selbst
können Fehler lediglich bei falscher Anschaltung an der Steuerung der Lichtsignalanlage
auftreten.
Detektorauslösung
Bei entsprechender Empfindlichkeit des Detektors kann dieser auch bereits durch Fahrräder
oder ähnliche Fahrzeuge und Gegenstände, welche möglicherweise auch von Fußgängern im
Bereich der Detektorschleife geführt werden, ausgelöst werden. Im Einzelfall ist hier
das vorliegende Überwa-chungsfoto hinsichtlich etwaiger im Lichtbild erkennbarer
Fehlerquellen und auch die Einstellung der Detektorschleife zu überprüfen. Weiterhin
kann es auch prinzipiell nicht ausgeschlossen werden, daß die Detektorschleife durch
weitere Fahrzeuge sowohl im auf- als auch ablaufenden Verkehr ausgelöst wurde. Auch diese
Fehler lassen sich auf den entsprechenden Lichtbildern je nach Einstellung der Kamera
erkennen.
Signalanlagen
Wie bereits dargelegt, beginnt die Zeitmessung in der Überwachungsanlage durch Anliegen
des Rotstartsignales. Dieses 220 Volt-Signal wird von der Steuerung der Signalanlage
übernommen. Fehler können hier zum einen durch unsachgemäßen Anschluß des
Eingangssignales im Steuergerät oder auch durch Fehler der Signalanlage selbst eintreten.
Während kurzfristige Störungen der Signalanlage (Stromversorgung, Feuerwehrrot, Ausfall
von Signalgebern etc.) durch Einsicht in die entsprechenden Unterlagen der Stadtverwaltung
oder der mit der Wartung beauftragten Firmen erkennbar werden, sind längerfristige
Gerätefehler oder auch Anschaltfehler nur durch präzise Überprüfung des relevanten
Filmes und auch der Messung der Signal- und Überwachungsanlage selbst erkennbar. Hierzu
sind von den Verfassern verschiedene Meßgeräte konzipiert worden, wobei zum einen die
Anschaltdauern der einzelnen Signalgeber (z. B. Gelblichtkontrolle über 3000 ms) als auch
die Zeitdifferenz zwischen Rotstart und Blitzauslösung zur Kontrolle der
Überwachungsanlage ermittelt werden kann. Im Rahmen dieser Problematik ist insbesondere
auch auf die sogenannte Gelblichtdauer-Problematik hinzuweisen, wobei üblicherweise
Gelbzeiten von drei Sekunden [Anm.: 3 Sekunden bei 50 km/h Höchstgeschwindigkeit; 4
sec. bei 60 km/h und 5 sec. bei 70 km/h] an innerörtlichen Lichtsignalanlagen
eingestellt werden. Bei bestimmten Gerätetypen ist es jedoch möglich, daß diese drei
Sekunden deutlich unter- oder überschritten werden, so daß möglicherweise auch weit
kürzere Gelblichtzeiten als drei Sekunden, nicht ausgeschlossen werden können. Im
Einzelfall ist dann zu überprüfen, ob eine Vermeidbarkeit des Rotlichtverstoßes unter
Berücksichtigung einer verkürzten Gelbzeit überhaupt möglich war. Auch diese
Gelbzeiten können mit speziellen Meßgeräten fortlaufend kontrolliert und im Einzelfall
überprüft werden. Die vorschriftsmäßige Anschaltung der Verkehrsüberwachungsanlage
kann lediglich durch Auslösen von Testfotos, wiederum mit speziellen Meßgeräten
überprüft werden.
Nach einer Übersicht der Zeitschrift "Auto", Ausgabe 8/92, werden folgende
Toleranzen gewährt:
0,5 Sekunden |
0,8 Sekunden |
1 Sekunde |
Hessen |
Bremen |
Nordrhein-Westfalen |
Rheinland-Pfalz |
Hamburg |
Berlin |
Baden-Württemberg |
Schleswig-Holstein |
Bayern |
Saarland |
Niedersachsen |
neue Bundesländer |
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INFOBOX |
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Autor:
Wolf-Dieter Beck und Ulrich Löhle |
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Quelle:
Fehlerquellen bei polizeilichen Meßverfahren |
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Bildquelle:
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Erstellt:
30. Mai 1999 |
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